Autoren dieses Artsteckbriefes: Erwin Rennwald , Jürgen Hensle , Stefanie Ebnicher
Vanessa cardui (Linnaeus, 1758)
Steckbrief Kurzfassung |
Oberseits sind die Vorderflügelspitzen wie beim Admiral weiß gefleckt und grau schattiert, ansonsten ist die Oberseite gelbbraun und orange gefärbt, mit schwarzer Fleckenzeichnung. Die Unterseite der Hinterflügel zeigt ein weiß-braunes Muster und eine Reiher großer Augenflecken vor dem Außenrand. Der Distelfalter ist ein Wanderfalter und bei uns von Anfang April bis Ende September in offenem, trockenem Gelände zu finden. Die Zeichnung der 40mm langen, gelblich bis grünlich braunen Raupe kann sehr variieren. Ihre Futterpflanzen sind die Gemeine Kratzdistel, die Kohldistel, die Große Brennnessel, die Moschusmalve und die Stachelbeere. |
Gesamtverbreitung |
Der Distelfalter ist in Europa in sämtlichen
Ländern nachgewiesen (Karsholt & Razowski
1996), selbst auf Island. Asher et al. (2001) melden
für Großbritannien Fortpflanzung auch
im Bereich der Orkney- und Shetland-Inseln sowie
einen Falterfund auf St. Kilda. In Finnland wurde
die Art in vielen Jahren nachgewiesen, im Wanderfalterjahr
1946 sogar ausgesprochen zahlreich (Kaisila 1962). |
Kurzporträt |
Oberseits sind die Vorderflügelspitzen wie beim Admiral weiß gefleckt und grau schattiert, ansonsten ist die Oberseite gelbbraun und orange gefärbt, mit schwarzer Fleckenzeichnung. Die Unterseite der Hinterflügel zeigt ein weiß-braunes Muster und eine Reiher großer Augenflecken vor dem Außenrand. Der Distelfalter ist ein Wanderfalter und bei uns von Anfang April bis Ende September in offenem, trockenem Gelände zu finden. Die Zeichnung der 40mm langen, gelblich bis grünlich braunen Raupe kann sehr variieren. Ihre Futterpflanzen sind die Gemeine Kratzdistel, die Kohldistel, die Große Brennnessel, die Moschusmalve und die Stachelbeere. |
Wanderverhalten/Arealveränderung |
Der Distelfalter (V. cardui) ist ein klassischer Eumigrant (= Saisonwanderer 1. Ordnung) (Eitschberger et al. 1991). Bereits Koch (1964) prägte für diese Art den Begriff „Wanderkreis“, d.h., die Art ist eigentlich nirgends „zuhause“, sondern sie folgt einem jährlichen Zyklus der Haupt-Blütezeiten: im Winter in Nordafrika, im ersten Frühling im südlichen Südeuropa, im Sommer in Mitteleuropa und z.T. bis Nordeuropa, im Herbst wieder in Südeuropa etc. Doch das ist nur ein grobes Gerüst, das die Wanderbewegungen des nahezu weltweit (außer Südamerika und Antarktis) zu findenden Distelfalters nicht annähernd vollständig beschreiben kann. |
Taxonomische Anmerkungen |
Wichtiges Synonym: Cynthia cardui(Linnaeus, 1758). Cynthiawird bei Karsholt & Razowski (1996) nicht als eigene Gattung neben Vanessaakzeptiert, die entsprechenden Arten sind also bei Vanessaeinbezogen. Biologisch gesehen fällt Cynthiadurch die Nutzung eines von den Vanessen im klassischen Sinne (zu denen u.a. auch Inachisund Aglaisgehören), durch die Nutzung eines stark abweichenden Raupennahrungs-Spektrums, durch die Herkunft aus einem anderen Faunenkreis und damit zusammenhängenden Verhaltensweisen (z.B. die Nichtnutzung von Fallobst) auf (vgl. Rennwald 1987). |
Bestimmungshilfe |
"Unser" Distelfalter kann leicht mit dem Amerikanischen Distelfalter (Vanessa virginiensis) verwechselt werden. Dieser wird gelegentlich an die Westküste Europas verdriftet und ist auf Teneriffa und dem portugiesischen Festland heimisch geworden. Von dort aus dringt er bis Spanien und Madeira, ganz vereinzelt aber auch bis Frankreich vor und ist auch in der Schweiz schon in einem Exemplar beobachtet worden. Somit könnte er auch im Westen Deutschlands angetroffen werden. Der Amerikanische Distelfalter ist durchschnittlich etwas kleiner als der weltweit verbreitete. Das wichtigste Unterscheidungsmerkmal findet sich jedoch auf der Unterseite der Hinterflügel. Dort hat der "gewöhnliche" Distelfalter vier bis fünf kleine Augen in der Randbinde, der Amerikanische nur zwei, aber viel größere Augen. |
Ähnliche Arten |
Amerikanischer Distelfalter (Vanessa virginiensis) |
Literatur |
Asher, J., Warren, M., Fox, R., Harding, P., Jeffcoate, G., Jeffcoate, S. with assistance from Greatorex-Davies, N. & Roberts, E.(2001): The Millenium Atlas of Butterflies in Britain and Ireland. – Oxford (University Press). – 433 S. Ebert, G. & Rennwald, E.(1991a): Die Schmetterlinge Baden-Württembergs. Bd. 1. Tagfalter I. – Stuttgart (Ulmer Verlag). – 552 S. Ehinger, K.(1918):
Die Wanderung von Pyrameis ccardui L. – Int. ent. Z., 12: 75. Eitschberger, U., Reinhardt, R., Steiniger, H. & Brehm, G.(1991): Wanderfalter in Europa (Lepidoptera). Zugleich Aufruf für eine internationale Zusammenarbeit an der Erforschung des Wanderphänomens bei den Insekten. – Atalanta, 22: 1-67, 16 Farbtafeln. Grosser, N.(1981): Ein Wanderzug von Cynthia cardui (Linné, 1758) in Südbulgarien. – Atalanta, 12: 93-94. Harbich, H.(1998): Zum Auftreten von Cynthia cardui (Linnaeus, 1758) im Jahre 1996 in Nordbayern, sowie die Beobachtung einer Südwanderung auf der Halbinsel Eiderstedt in der dritten Augustwoche (Lepidoptera, Nymphalidae). – Atalanta, 28: 251-253. Harz, K.(1970): Distelfalterzüge in Ostanatolien und im Iran. – Atalanta, 3: 16. Hensle, J.(2000c): Vanessa atalanta, Cynthia cardui, Inachis io, Aglais urticae und Polygonia c-album 1996. – Atalanta, 31:44-55. Hensle, J.(2002i): Nymphalidae, Danaidae, Libytheidae und Lycaenidae 2001. – Atalanta, 33:271-302. Kaisila, J.(1962): Immigration und Expansion der Lepidopteren in Finnland in den Jahren 1869-1960. – Acta entomologica Fennica, 18: 452 S.; Helsinki. Karsholt, O. & Razowski, J.[ed.] (1996): The Lepidoptera of Europe. A Distributional Checklist. –Stenstrup (Apollo Books). – 380 S. Koch, M.(1964): Zur Gruppeneinteilung der Wanderfalter. – Z. wien. Ent. Ges., Jg. 49 (= Bd. 75): 131-134. Krauss, F. von(1880): Die Flüge der Distelfalter (Vanessa Cardui L.). – Jh. Ver. vaterl. Naturk. Württ., 36: 86-88. Mazucco, K.(1953): Falterwanderwellen aus dem Süden. – Z. wien. ent. Ges., Jg. 38 (= Bd. 64): 81- 87. Pollard, E., Swaay, C.A.M. van, Stefanescu, C., Lundsten, K.E., Maes, D. & Greatorex-Davies, J.N.(1998): Migration of the Painted Lady butterfly Cynthia cardui in Europe: Evidence from monitoring. – Diversity and Distributions, 4: 243-253. Reinhardt, R.(1982): Distelfalter-Wanderung 1980 im Gebiet der Hohen Tatra/CSSR (Lep., Nymphalidae). – Atalanta, 13: 34-36. Renner, H.(1931): Zur Frage: Wird 1931 ein Wanderjahr für Pyr. cardui L.? – Int. ent. Z., 25: 134-135. Rennwald, E.(1987): Jahresbericht 1985 der Deutschen Forschungszentrale für Schmetterlingswanderungen. Cynthia cardui (L.) und Inachis io (L.). – Atalanta, 18: 53 - 66. Roer, H.(1958): Zum Massenauftreten des Distelfalters (Pyrameis cardui L.) zwischen Heidelberg und Stuttgart im Mai/Juni 1958. – NachrBl. bayer. Ent., 7: 93-95. Wacher, J.(1998): Successful overwintering of Painted Lady Cynthia cardui in the UK. – Atropos, 5: 19-20. Warnecke, [G.], Koch, [M.] & Mazucco, [K.](1959): Wanderfalterbeobachtungen im Jahre 1958 im mitteleuropäischen Raum. – Ent. Z., Frankf. a.M., 69: 260-266, 270-276. |